Geschichte des Landauer-Hauses, Sitz der Trachtenkultur-Beratung des Bezirks Schwaben

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Die Trachtenkultur-Beratung des Bezirks Schwaben hat ihren Sitz im Historischen Landauer-Haus in Krumbach. Es hat eine interessante Geschichte, zu der der Heimatverein Krumbach über Jahre geforscht hat.

 

 

Herausgeber: Heimatverein für den ehemaligen Landkreis Krumbach e.V.
Verantwortlich: Herbert und Heidi Auer, Stand: 6/99

Die Sippe mit dem Familiennamen Landauer ist eine der weitverzweigtesten und eine der ältesten mit einem Stammesnamen.

Dr. Frenkel schreibt in seiner Familienchronik über die Landauer, daß der älteste Landauer mit dem Vornamen Abraham 1718 aus dem nahe gelegenen Thannhausen vertrieben worden wäre, doch in den Gerichtsakten von Memmingen ist bereits 1699 ein „Landau“ von Hürben wegen Betrugs an einem Memminger Bürger angeklagt.

Einer aus dieser Sippe war Löb (Leopold) Raphael Landauer, ein erfolg-reicher, aber auch vorsichtiger Geschäftsmann. 1799 lieferte er beiden kriegsführenden Parteien, Franzosen und Österreichern, Pferde und Lebensmittel. Damit er aber nicht vom jeweils anderen Geschäftspartner als unseriös oder gar als Spion angesehen werden konnte, wickelte er die Geschäfte über einen Rechtsanwalt in Mindelheim ab, so daß sein Name nicht in Erscheinung trat. Mußte er wieder Erwarten doch einen Vertrag unterzeichnen, dann nur in Hebräisch. Hier erreichte Leopold Landauer einen Reichtum, der es ihm erlaubte bei der Auflösung der Klöster als Aufkäufer von Kunstgegenständen aufzutreten. Durch den Wiederverkauf, mit hohem Gewinn, konnte er sein Vermögen weiter mehren.

Zusammen mit seinem Sohn Raphael, dessen Beruf bereits mit Antiquitätenhändler oder einfach mit „Kapitalist“ angegeben wurde, baute er ein großes Wohnhaus. Das Erbe des Leopold Landauer betrug im Jahre 1822 ohne Immobilien 43 000 Gulden, das auf die beiden Söhne Abraham und Raphael und Tochter Breinle, die mit ihrem Onkel verheiratet war, aufgeteilt wurde. Raphael Landauer war ebenfalls ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann. Welchen Reichtum Raphael Landauer besaß, zeigt das Ansässigmachungsgesuch des Sohnes Dr. med. Ignaz Landauer im Jahre 1848 in Hürben kurz nach dem Tod seines Vaters. Dort gibt Dr. Ignaz Landauer sein Vermögen mit 20 000 Gulden Vatergut und einem Wald im Werte von ca. 8 000 Gulden an. Das Muttergut, das er noch erwarten könne, liege bei ca. 5 000 Gulden. Um das Barvermögen zu relativieren, ist zu erwähnen, daß der Rabbiner ein Jahresgehalt von 500 Gulden erhielt, das wären also 40 Jahresgehälter des Seelsorgers. Die Schwester von Dr. Ignaz Landauer, Jeanette, heiratet Dr. Ludwig Binswanger. Leider ist hier die Mitgift der Braut nicht bekannt, doch kaufte der arme Binswanger kurz nach der Hochzeit ein Sanatorium in Münsterlingen am Bodensee.

Nachdem der Vater Löb Landauer und der Sohn Raphael das neue Haus Nr. 149 und 150, heute Hürbener Str. 15, 1801 erbaut hatten, zog der Vater in den untersten Stock und der Sohn bewohnte die obere Etage. Jede Wohnung bestand aus 6 Zimmern und einer Küche, zuzüglich je der Hälfte des Dachbodens, dem Stall, an der Holzhütte und dem Hofraum. Sie wohnten über viele Jahre einträchtig miteinander, doch als der Vater mit 66 Jahren noch einmal heiratete, wurde das Haus plötzlich zu klein. Nördlich des Hauses stand ein alter Stadel, den man nun zu einem massivgebauten Getreide- und Futterspeicher umbauen wollte. Als die Nachbarn im unteren Stock Wohnräume vermuteten, wurde im Plan eine Kammer für den Knecht eingeplant, doch als auch im geplanten Kornspeicher Zimmer eingebaut wurden, stellte der Bauinspektor aus Kemp-ten, der wegen des Synagogenneubaus in Hürben weilte, den Bau ein. Mit Platzproblemen versuchte Raphael Landauer den „Schwarzbau“ zu erklären. Er schaffte es durch seine finanzielle Stellung und seine Beziehungen tatsächlich, den Bau nachträglich legalisieren zu lassen.

Dann kaufte er südlich ein altes Bauernhaus, riß es ab und baute ein schönes Wohnhaus, das er einige Jahre später als Forsthaus an den bayerischen Staat verkaufte. Aber den Garten zog er auf sein Haus. Darauf erbaute er das höchste Wohnhaus von Hürben, man nannte es nur das hohe Judenhaus. Nach dem Tode des Vaters erbte Raphael auch den unteren Stock des Hauses, sein Bruder Abraham bekam das ebenfalls neu erbaute Wohnhaus in der heutigen „Heinrich-Sinz-Str. Nr. 9“. Nach dem Tod von Raphael, im Jahre 1843, erbte dessen Witwe das Anwesen. Wegen Krankheit verkaufte sie 1860 das große Anwesen um 1000 Gulden an Karoline Landauer. Bereits ein Jahr nach dem Verkauf des stattlichen Gebäudes folgte die Witwe Babette Landauer ihrem Mann Raphael in den Tod.

Nach Verbriefung vom 21. Mai 1872 kaufte Jakob Lazarus Guggenheimer das gesamte Haus und legte 1877 die beiden Wohnungen zusammen und die Hausnummer 149 erlosch. Nach dem Ableben des Ehemannes erbte dessen Frau Maria Guggenheimer das Wohnhaus und nach deren Tod erbte Samuel Neuburger dieses große Wohngebäude.

Am 14. November 1902 endete die 100jährige jüdische Tradition in diesem Haus, denn der neue Besitzer verkaufte das Anwesen an den Nicht-juden Karl Schwarz. Es erbrachte die stattliche Summe von 10 600 Mark. Nachdem der Sohn, ebenfalls mit dem Vornamen Karl, 1928 dieses Gebäude erbte, verkaufte er das Wohnhaus ein Jahr später um 15 000 Mark an den Bezirksarzt Dr. Noll. Nachdem Dr. Noll das Haus weiterveräußerte, wechselten die Besitzer sehr häufig. Das Gebäude wurde nun hauptsächlich als Mietshaus genutzt, was dem baulichen Zustand nicht zuträglich war. Doch als das Haus von einer Bauträgerfirma übernommen wurde, den dann Ausländer einquartierte, konnte der Wohnwert soweit gesenkt werden, daß nur noch ein Abbruch in Frage kam. Für diesen Zweck hat die Bauträgerfirma bereits die beiden nördlich gelegenen Grundstücke erworben, um dann das ganze Areal mit einer modernen Wohn- und Geschäftsanlage zu bebauen. Allerdings bekam die Gesellschaft keine Abbruchgenehmigung und das denkmalgeschützte Haus verfiel weiter.

Erst als der Schwäbische Heimattag 1992 zum 2. Mal nach Krumbach kam und sich speziell die jüdische Geschichte in Schwaben zum Thema wählte, wurden die Delegierten u.a. auf die Problematik dieses einstigen jüdischen Wohnhauses hingewiesen. Es wurde eine Resolution für den Erhalt dieses Gebäudes abgefaßt und an die Politiker und Presse geleitet. Erst jetzt kam wieder Bewegung in die Erhaltung des Hauses.

Nach langen Verhandlungen reifte der Plan, daß die Verwaltungsgemeinschaft Krumbach dort ihr Ämtergebäude unterbringen könnte. Doch an den fehlenden Zuschüssen scheiterte das Unterfangen.

Eine Interessengemeinschaft dreier Firmen wollte dann in das Haus Sozialwohnungen einbauen. Doch auch sie gaben das Gebäude nach kurzer Zeit zurück, da sich die Renovierungskosten nicht auf die Wohnungspreise umlegen ließen.

Erst im Juli 1996 konnte das Haus endlich aufatmen, denn der Bezirk Schwaben übernahm das städtebaulich wertvolle Gebäude, um dort die Trachtenberatungsstelle unterzubringen. Im Herbst 1999 ist diese Bezirkseinrichtung in das hervorragend restaurierte Haus gezogen.

Herausgeber: Heimatverein für den ehemaligen Landkreis Krumbach e.V.
Verantwortlich: Herbert und Heidi Auer, Stand: 6/99

Weitere Informationen bietet der Stadtführer für Krumbach: http://stadtfuehrer.krumbach.de/content/Landauerhaus_text.html

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Foto: G. Baader, Krumbach

Die Fotografie stammt aus der Zeit um 1930

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Zeichnung von Professor Bernd Grose, Augsburg

Zeichnung des Landauer-Hauses vor der Renovierung