Die Gewandteile der Männertracht im Wandel der Epochen

Die Tracht der Männer

Bis ins 20. Jahrhundert griffen Männer im allgemeinen modische Strömungen früher auf als Frauen. Diese Beobachtung wird auf deren größere Mobilität zurückgeführt. Während des Militärdienstes und während der Ausbildung kamen Männer weit herum. Militärische Uniformteile wurden oft im zivilen Leben weiter getragen und nahmen so Einfluß auf Form und Farbe der Tracht. Meist sind insbesondere die jungen Männer oder Knaben in modischer Kleidung auf Porträts wiedergegeben. Die älteren Herren der gutbürgerlichen Gesellschaft tragen Rock und Weste, die womöglich von ihrer Hochzeit stammen und daher - gemessen an der aktuellen Mode - veraltet sind.

Rock

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Rock, frühes 19. Jahrhundert Heimatmuseum Rain am Lech, Inv.-Nr. 2/50

Heimatmuseum Rain am Lech, Inv.-Nr. 2/50

Seit 1660 wird der Justaucorps, ein Schoßrock, als Oberrock getragen. Er ist einreihig bis zur Taille geknöpft; die Knopflöcher sind meist größer ausgenäht als erforderlich. Die engen, zum Saum weiter werdenden Ärmel haben Ärmelstulpen, die hochgeknöpft werden. Taschenklappen decken die tief liegenden Taschen ab. Der Justaucorps ist kragenlos. Sein Schoß steht seitlich mit mehreren Falten ab. Er ist geschlitzt, so daß der Degen durch den linken Seitenschlitz und hinteren Schlitz geführt werden kann. Der Justaucorps wird auf Porträts aus Schwaben, die die Festtagskleidung zeigen, bis Ende des 18. Jahrhunderts gezeigt.

Seit 1760 gehört der Stehkragen zum Männerrock.

Nach 1770 setzt sich der Frack durch. Sein Vorläufer wird allerdings erst seit ca. 1775 auch in bürgerlichen und ländlichen Kreisen Schwabens getragen. Er hat einen  hohen Stehkragen, der in abgerundete Vorderkanten übergeht. Die engen Ärmel sind zweinähtig gearbeitet mit anliegenden Aufschlägen, deren Patten mit Knöpfen verschlossen sind.

Im Empire (frühes 19. Jahrhundert) wird oft ein blauer Tuchrock (Gehrock) oder Frack mit Stehkragen getragen. Die obere Vorderkante ist umgelegt, kleine Reversecken bildend, der Verschluß doppelreihig geknöpft mit Knopflöchern auf beiden Seiten (kann rechts über links und links über rechts zugeknöpft werden), die glatt eingesetzten Ärmel haben geknöpfte Patten an den Aufschlägen.

Im Biedermeier (1820 bis um 1850) hat der Rock (Gehrock) auf der Schulter angekrauste Ärmel (etwa 1820 bis 1835 modisch, auf dem Land länger getragen). Er ist tailliert verarbeitet und hat einen breiten hochstehenden Umlegekragen und Revers oder Schalkragen.

In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wird in der Herrenmode endgültig die Links-auf-rechts-Knöpfung zur ungeschriebenen Regel.

Weste

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einreihig geknöpfte Weste, um 1850 Heimatmuseum Rain am Lech, Inv.-Nr. 2/53

Die Weste aus rotem Tuchstoff ist einreihig geknöpft. Die 17 großen Kugelknöpfte sitzen sehr dicht beieinander und berühren sich fast. Die Weste hat einen Stehkragen. Heimatmuseum Rain am Lech, Inv.-Nr. 2/53

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Zweireihig geknöpfte Weste, 1. Hälfte 19. Jahrhundert Heimatmuseum Rain am Lech, Inv.-Nr. 2/206

Heimatmuseum Rain am Lech, Inv.-Nr. 2/206

Die zum Justaucorps gehörende Schoßweste ist bis Ende des 18. Jahrhunderts sehr ähnlich wie der Oberrock geschnitten. Sie ist kürzer und die engen Ärmel haben keinen Aufschlag. Die Gewohnheiten, die Weste zu knöpfen, ändern sich. Bis etwa 1690 wird sie hoch zugeknöpft, danach werden die oberen Knöpfe offen gelassen, so daß das Jabot hervor quellen kann. Oft ist sie aus dem Stoff des Justaucorps geschneidert, aber auch kontrastierende Stoffe wurden verwendet.

Im Rokoko (18. Jahrhundert) ist die hüftlange Seidenweste mit Stehkragen, der über dem Rockkragen schmal vorsteht „en vogue“. Sie ist an der Saumkante schräg weggeschnitten. Sie kann auffällig mit einer gestickten Randbordüre oder Bandbesatz an der Kante und prächtigen Knöpfen verziert sein.

Die Empiremode prägt hochgeschlossene taillenkurze Westen mit hohem Stehkragen, teils doppelreihig geknöpft, oft aus rotem Tuchstoff.

Die doppelreihig geknöpfte Seidenweste aus der Biedermeierzeit ist auf dem Land bis in das 20. Jahrhundert weit verbreitet. Aus Seidensamt mit eingewebtem Muster oder Seidenbrokat, doppelreihig geknöpft, mit breitem Abstand zwischen oberstem und zweiten Knopf (kann als Revers umgeschlagen werden), Stehkragen, übertaillenlang, ist sie ein buntes Kleidungsstück.

Im Gegensatz dazu büßte die Herrenmode seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ihre Farbigkeit ganz ein.

Hemd

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Heimathaus Sonthofen

Die Zeichnung zeigt ein Herrenhemd, Heimathaus Sonthofen

Oft ist nur der kinnhohe zuknöpfbare Stehkragen des Hemdes zu sehen, er steht schmal über den Halsflor. Am Hemdschlitz kann nach 1720 ein Jabot angenäht sein, am Ärmelbündchen eine Handrüsche (beides ein gekräuselter oder plissierter Volant, oft aus Spitze). Das höfische Jabot verschwindet während der französischen Revolution.

Flor

Die Halsbinde oder das Halstuch wird aus einem leichten Seidenstoff, dem Flor, gearbeitet. Der Halsflor ist schwarz, selten auch weiß. Die Enden werden meist vorne verknotet und teils zur Schleife gebunden.

(Text: Monika Hoede, Krumbach, 2020)